Tourismus
19.07.2022 | Nationalpark Hohe Tauern

Simons Traumjob im größten Nationalpark Österreichs

„Das Beste steht nicht immer in den Büchern, sondern in der Natur.“ Das wusste schon der gute, alte Adalbert Stifter. Simon Zeiner ist erst 25 – und damit der jüngste Ranger im Osttiroler Teil des Nationalparks Hohe Tauern. Er und seine Kollegen zeigen interessierten Naturfreunden die sensible Schönheit des Hochgebirges. Denn Unterwegssein ist besser als jeder Naturführer. 

Simon Zeiner ist Gelegenheitswanderer. Er wandert bei jeder Gelegenheit. Denn er ist Nationalpark Ranger. Aber Simon sieht so gar nicht so aus, wie man sich gemeinhin einen Ranger vorstellt. Er trägt nicht wie seine kanadischen Kollegen im Banff-Nationalpark eine schicke Uniform und einen Hut mit vier Dellen, der aussieht, wie eine große Zitronenpresse. Simon kommt eher leger daher: mit grüner Softshell-Weste, Bergschuhen – und natürlich Fernglas statt Flinte. „Viele denken beim Stichwort Ranger immer noch an eine Art Polizei der Natur“, sagt der sympathische junge Mann mit dem Osttiroler Slang. Aber keine Sorge! Im Nationalpark Hohe Tauern sind die Ranger nahbar. Stehen Urlaubern und Einheimischen zwischen drei und neunundneunzig Jahren jederzeit mit Rat und Tat zur Seite. Sind echte Naturvermittler. „Wir haben ganz unterschiedliche Aufgaben: Wir zeigen unseren Urlaubsgästen – aber auch einheimischen Kindern – die Natur, wie sie sie meist noch nie gesehen haben“, erzählt der 25-jährige Osttiroler. So sensibilisieren Simon und seine elf Kollegen auf der Osttiroler Seite des Nationalparks Groß und Klein dafür, wie sensibel der Lebensraum Hochgebirge ist – und wie wichtig der sorgsame Umgang damit ist. Damit wir eine enkelkindertaugliche Welt hinterlassen. Umweltbildung funktioniert hier ohne erhobenen Zeigefinger, sondern durch Learning-by-doing. Wer sich mit dem Ranger ins „Ewige Eis“ aufmacht, erlebt mit allen Sinnen, wie die kalten Riesen in unseren heißen Zeiten schwitzen.  

Nationalpark Hohe Tauern_Ranger Simon bei den Jagdhausalmen_(c) Nationalpark Hohe TauernMathäus Gartner3
Ranger Simon bei den Jagdhausalmen © Nationalpark Hohe Tauern/Mathäus Gartner

Unterwegs mit dem Ranger im Nationalpark Hohe Tauern: Bildung auf höchstem Niveau

Simons Revier ist die höchste Bildungseinrichtung der Alpen: die Hohen Tauern. Mit fast 2.000 Quadratkilometern Fläche ist sein Arbeitsplatz der größte Nationalpark der Ostalpen – und eine der faszinierendsten Hochgebirgslandschaften der Erde. Das größte Schutzgebiet seiner Art in den Alpen bietet die einmalige Möglichkeit, 342 Gletscher mit 170 Quadratkilometern Fläche, 279 Bäche, davon 57 Gletscherbäche, 26 große – und ungezählte kleine – Wasserfälle, 551 Bergseen, 4.000 Pilzarten und 3.500 Pflanzenarten kennenzulernen. Zumindest ein paar davon. Hier im Nationalpark Hohe Tauern gehen Naturinteressierte auf Natur-Fortbildung auf höchstem Niveau. Denn alle wichtigen alpinen Ökosysteme sind hier großflächig und ungestört erhalten. Hier wachsen 3.500 Pflanzenarten – in allen Klimastufen zwischen Mitteleuropa und Arktis. Wer mit eigenen Augen sieht, wie Edelweiß, Gletscher-Hahnenfuß, Enzian auf 3.000 Meter Höhe im Gletscherwind frösteln, der merkt ganz schnell, dass das Leben hier oben hart, aber schmerzlich ist – und besonders schützenswert. Im größten Nationalpark der Ostalpen leben aber auch über 15.000 Tierarten. „Unsere Big Five sind natürlich DER Besuchermagnet“, sagt Ranger Simon. Big Five? Klingt eher nach Safari im Schwarzafrika als nach Osttirol. Was am Fuß des Kilimanjaro Elefant, Giraffe, Nashorn, Wasserbüffel und Löwe sind, sind am Fuß des Großglockners Steinadler, Bartgeier, Steinbock, Gämse und Murmeltier. Wobei die drolligen Gesellen mit Überbiss nicht wirklich big, sondern eher fat sind. Aber umso liebenswerter. 

Nationalpark Hohe Tauern_Steinboecke_(c)Nationalpark Hohe TauernLackner
Steinböcke – einer der Big Five Osttirols © Nationalpark Hohe Tauern/Lackner
Hannah Assil
Murmeltiere © TVB Osttirol/Hannah Assil

Vom Naturburschen zum Nationalpark-Ranger: Simons Weg von der Natur in die Natur 

Ranger klingt nach Traumberuf. „Ist es auch!“, sagt Simon Zeiner und lacht. „Ich bin in Osttirol geboren und aufgewachsen“, erzählt der junge Mann. „Der Wald war sozusagen mein Kinderzimmer.“ So entwickelte sich ganz natürlich seine Liebe zur Natur. „Ich darf von mir behaupten, mein Hobby zum Beruf gemacht zu haben.“ Dabei hatte auch der Zufall die Finger im Spiel: „Ich musste im Rahmen meines Marketing- und Kommunikationsstudiums ein Praktikum machen. So kam ich nach Osttirol zurück – und wurde Ranger.“ Ranger wird man aber nicht, wenn man mit Glück Adler und Spatz auseinanderhalten kann. Die Ausbildung zum Ranger wird vom Verband der Österreichischen Nationalparks durchgeführt und ist anspruchsvoll. Erst macht man das Grundmodul und anschließend Aufbaumodule. Je nachdem, in welchem Nationalpark man als Ranger arbeitet. Simon hat sich wie gesagt für den größten und höchsten entschieden. Heute ist er mit seinen 25 Lenzen der jüngste Ranger im Nationalpark Hohe Tauern. Ist er dann als Ranger Tag und Nacht, sieben Tage die Woche, sommers wie winters draußen? „Natürlich nicht! Ich arbeite halbzeit als Ranger, halbzeit im Tourismusmarketing“, erzählt Simon. „Aber im Juni beispielsweise war ich mindestens vier Tage die Woche draußen. Aber nicht den ganzen Tag, sondern manchmal nur vormittags. Und nachmittags sitze ich im Büro.“ Neben der Pirsch mit Fernglas und Spektiv nach dem Big Five gibt es auch sonst jede Menge zu tun: An einem Tag muss ein vom Gewitter beschädigter Lehrweg wieder in Schuss gebracht werden, an einem anderen Tag steht Greifvogel-Monitoring auf dem Dienstplan. „Dann schaue ich nach, ob unsere Steinadler brüten. Die Vielseitigkeit ist ja gerade das Einmalige. Und wenn ich in die glücklichen Gesichter meiner Gäste schaue, dann denke ich mir: Das ist schon der schönste Job der Welt!“ 

Nationalpark Hohe Tauern_Ranger Simon Zeiner im Gschlösstal_(c) Elias Bachmann
Ranger Simon Zeiner im Gschlösstal © Elias Bachmann

Simons Traumjob im Outdoor-Klassenzimmer, Freiluftlabor und Erlebnisreich

Nochmals zurück zum Greifvogel-Monitoring: Simon und seine Kollegen sind nicht nur Lehrer, sondern auch Forscher. Sie haben herausgefunden, dass die Zahl der Bartgeier-Brutpaare wächst, dass der Steinadlerbestand gesichert ist – und dass Gänse- und Mönchsgeier gerne zur „Sommerfrische“ im Nationalpark vorbeischauen. So wie immer mehr Menschen. Und denen wird mit Botanischen Hochgebirgstagen, Kräuterseminaren, Wildtiermanagement-Tagungen, Naturerlebnis-Camps für Kinder, Lehrer-Fortbildungen, Klassenfahrten und, und, und ein riesiger Bauchladen an Bildung angeboten. Denn der Nationalpark ist zwar besonders schützenswert, der Mensch wird aber keineswegs ausgesperrt. Vielmehr rücken naturverträgliches Wandern und Wildtierbeobachtungen in den Fokus. Auf 1.200 Kilometern Wanderrouten und 17 Themenwegen können Naturliebhaber im größten Nationalpark Österreichs die alpine Wildnis im Schatten von Großglockner und Großvenediger entdecken, ohne Tiere und Pflanzen zu beeinträchtigen. Übrigens: Unter dem Motto „Rent a Ranger“ kann man Simon und seine Kollegen in Osttirol privat buchen – für individuelle Touren in die schönsten Nationalparkgebiete, mehrtägige Trekkingtouren oder naturkundliche Spezialführungen. Klingt nach Traumjob, aber auch nach Vollgasprogramm. Und was macht der 25-jährige Oberlienzer nach Dienstschluss? „Dann sitze ich mit meiner steirischen Harmonika vor dem Haus und schaue meinen selbst gepflanzten „Zwetschgenbamlen“ beim Wachsen zu.“  

Nationalpark Hohe Tauern_Ranger Simon am Weg zu den Jagdhausalmen_(c) Nationalpark Hohe TauernMathäus Gartner
„Rent a Ranger“ © Nationalpark Hohe Tauern/Mathäus Gartner
Nationalpark Hohe Tauern_Big Five Nature Watch_(c)Nationpark Hohe TauernMathäus Gartner
Simon und seine Kollegen sind nicht nur Lehrer, sondern auch Forscher © Nationalpark Hohe Tauern/Mathäus Gartner

Weitere Informationen zum Nationalpark Hohen Tauern unter: www.osttirol.com/nationalpark-hohe-tauern 

KONTAKT