Qualität bedeutet Haltung: Tourismus braucht neue Antworten auf alte Herausforderungen
BZT-Jahrestagung 2025: Qualität als Haltung – Aufruf zur Neuausrichtung für nachhaltigen, wettbewerbsfähigen und akzeptierten Tourismus.
Qualität bedeutet Haltung: Tourismus braucht neue Antworten auf alte Herausforderungen
Jahrestagung des Bayerischen Zentrum für Tourismus fordert strategische Neuausrichtung von Qualität als Erfolgsfaktor in Zeiten von multiplen Krisen
Garmisch-Partenkirchen/Kempten, 20. Mai 2025 – „Qualität als Erfolgsfaktor im Tourismus“ unter diesem Leitthema diskutierten 114 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und Praxis bei der Jahrestagung des Bayerischen Zentrum für Tourismus (BZT) am 13. und 14. Mai 2025 in Garmisch-Partenkirchen. Der Tenor: Qualität darf nicht länger eindimensional verstanden werden, sie ist systemisch, subjektiv, gesellschaftlich relevant und entscheidend für die Zukunftsfähigkeit touristischer Regionen. Ziel ist es, Qualität so weiterzuentwickeln, dass sie zugleich Wettbewerbsfähigkeit, gesellschaftliche Akzeptanz und nachhaltige Wertschöpfung ermöglicht.
Die Jahrestagung machte deutlich: Qualität ist kein technischer Standard und keine Marketingfloskel – sondern strategische Haltung, die alle Ebenen berührt. Sie beginnt bei der Infrastruktur, reicht über Mitarbeiterführung bis hin zu Lebensqualität und gesellschaftlicher Verantwortung. „Qualität sollte mehr als nur ein Schlagwort sein. Wir sollten sie als eine Einstellung leben, bei der Gäste, Menschen aus der Region und Mitarbeitende sich wertgeschätzt fühlen können“, betonte Michaela Kaniber, Bayerische Staatsministerin für Tourismus, in ihrem Grußwort.

Neue Perspektiven: Qualität als Systemleistung
Prof. Dr. Harald Pechlaner vom Lehrstuhl Tourismus und School of Transformation and Sustainability, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, forderte in seiner Keynote einen Perspektivwechsel: Der Tourismus müsse sich systemisch verstehen – als vernetztes Gefüge aus ökonomischen, sozialen und ökologischen Beziehungen. „Tourismus sollte mehr Haltung annehmen und als Agent of Change im Wandel von Gesellschaft und Wirtschaft auftreten.“ Die klassische Qualitätsdebatte – geprägt von Sternen und Zertifikaten – greife zu kurz. Entscheidend sei, ob ein touristisches Angebot zur Lebensqualität beitrage. Nicht nur für den Gast, sondern auch für die Menschen, die dort leben und arbeiten. Ein starker Satz, der nachhallte: „Ein funktionierendes Beziehungsnetzwerk ist die eigentliche Qualität.“

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Was Gäste wirklich unter Qualität verstehen
Aktuelle Studien des BZT unter Leitung der Themenmanagerinnen Kathrin John und Kristina Kastelan verdeutlichen, wie unterschiedlich Qualität im Tourismus wahrgenommen wird. Anbieter setzen vor allem auf Service und reibungslose Abläufe – Gäste hingegen verbinden Qualität zunehmend mit Atmosphäre – und einem stimmigen Preis-Leistungs-Verhältnis. Klassifizierungen oder Zertifikate spielen für die Reiseentscheidung eine immer geringere Rolle. Stattdessen gewinnen persönliche Empfehlungen und digitale Bewertungen an Gewicht. Für viele Reisende ist Qualität kein Luxusmerkmal, sondern Ausdruck von Verlässlichkeit, Herzlichkeit und Authentizität – ein Anspruch, der sowohl Betriebe als auch Destinationen vor neue Herausforderungen stellt.
Qualität zeigt sich im Alltag – nicht im Prospekt
In der Podiumsdiskussion wurde deutlich, woran Qualität oft scheitert: weniger an fehlenden Konzepten, sondern an mangelnder Führung, fehlender Kooperation und einer auf kurzfristige Kostenreduktion fokussierten Betriebslogik. Qualität beginne bei der Haltung – und bei den Basics: Sauberkeit, Verlässlichkeit, Freundlichkeit. „Wenn wir diese Grundlagen nicht ernst nehmen, braucht niemand über Innovationspreise sprechen“, war der Tenor auf dem Podium. Zugleich wurde vor einer sozialen Spaltung des Reisens gewarnt. „Wenn sich immer weniger Familien einen Urlaub leisten können, verliert der Tourismus seine gesellschaftliche Relevanz.“ Qualität müsse zugänglich bleiben, barrierefrei gedacht und inklusiv gestaltet – auch mit Blick auf den demografischen Wandel. Deutlich wurde auch: Qualität endet nicht an der Hoteltür. Sie beginnt bei funktionierender Infrastruktur, verlässlicher Mobilität, digitaler Zugänglichkeit – und reicht bis in die kommunale Verantwortung. „Was draußen versprochen wird, muss drinnen gelebt werden“, hieß es in Richtung Destinationsmarketing. Besonders hervorgehoben wurde die Rolle der Führung: Wer intern keine Qualitätskultur lebt, kann sie extern nicht glaubhaft vertreten.
Abschluss mit Haltung: Qualität ist unbequem – und unverzichtbar
Prof. Dr. Alfred Bauer, Vorstand des BZT, zog zum Abschluss eine klare Bilanz. Qualität, so Bauer, sei „dynamisch, individuell – und sie ist sozial.“ Sie lasse sich nicht in Checklisten pressen, sondern entfalte ihre Wirkung als „Beziehungsnetzwerk“. Sein Appell: Die Diskussion über Qualität dürfe nicht als Pflichtübung verflachen, sondern müsse als „Gestaltungsaufgabe für unseren Lebens- und Urlaubsraum“ verstanden werden – unbequem, aber notwendig.

Über Bayerisches Zentrum für Tourismus
Das Bayerische Zentrum für Tourismus (BZT) ist ein vom Staatsministerium geförderter Thinktank, der durch Forschungsprojekte, Wissenstransfer und lösungsorientierten Diskurs den bayerischen Tourismus unterstützt und dessen Leistungsfähigkeit langfristig optimiert.
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