Neue Wege für die touristische Erfolgsmessung – mit innovativen Kennzahlen den Tourismus ganzheitlich bewerten
Welche Kennzahlen benötigt man, um Tourismus zeitgemäß messen und bewerten zu können? Darüber diskutierten Fachleute beim dritten BZT-Jahresdialo...
Neue Wege für die touristische Erfolgsmessung – mit innovativen Kennzahlen den Tourismus ganzheitlich bewerten
Kempten, Oktober 2025 – Die Darstellung der klassischen touristischen Wachstumszahlen wie Übernachtungen und Ankünfte sind nicht mehr ausreichend, um die Tourismusentwicklung einer Destination ganzheitlich abzubilden, das war der Tenor beim dritten Jahresdialog des Bayerischen Zentrums für Tourismus (BZT). Unter dem Titel „Tourismus neu bewertet – Erfolgskennzahlen jenseits der amtlichen Tourismusstatistik“ kamen Fachleute aus Tourismusorganisationen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene und aus der Wissenschaft zusammen. Sie diskutierten neue Wege zur Messung und Bewertung einer nachhaltigen, maßvollen und qualitätsorientierten Tourismusentwicklung.

Touristische Erfolgsindikatoren im Spannungsfeld zwischen Wachstum, Tourismusakzeptanz und Gästezufriedenheit
Prof. Dr. Alfred Bauer (Leiter BZT) eröffnete den Jahresdialog mit einem Rückblick auf die Rekordzahlen des bayerischen Tourismus im Jahr 2024. Er betonte die positiven Effekte des Tourismus auf die regionale Wirtschaftskraft, die Beschäftigung und die Lebensqualität, verwies aber auch auf kritische Aspekte wie Wohnraummangel und Verkehrsbelastung, die in der öffentlichen Wahrnehmung häufig mit dem Tourismus verbunden werden und sich negativ auf dessen Beurteilung auswirken. Vor diesem Hintergrund unterstrich er den Bedarf an neuen Kennzahlen-Sets, die die (wirtschaftliche) Bedeutung, den positiven Einfluss als auch die Belastungen durch den Tourismus gleichermaßen abbilden.
Notwendigkeit eines neuen Erfolgsverständnisses im Tourismus
Auch Prof. Dr. Marius Mayer (Fakultät für Tourismus, Hochschule München) verdeutlichte in seinem Vortrag, dass die bisherigen Tourismuskennzahlen zwar ihre Relevanz behalten werden, aber dennoch zu kurz greifen. Prof. Dr. Mayer unterstrich, dass „die amtliche Statistik nicht den Tourismus als ganzheitlich gesellschaftliches Phänomen abbildet“. Daher plädierten Forschende für ein breiteres Verständnis von Erfolg – jenseits des Wachstumsparadigmas –, das ökologische, soziale und qualitative Aspekte, etwa Lebensqualität, Tourismusakzeptanz und CO₂-Emissionen berücksichtige. Abhilfe sollen Projekte wie das LIFT-Förderprojekt „Nachhaltigkeit im Tourismus messen, kommunizieren und wertschätzen“ schaffen, indem sie neue, möglichst einheitlich zu verwendende Indikatorenstandards für den Deutschlandtourismus setzen.
Anwendungen aus der Praxis
Dr. Petra Unterweger (Abteilung für Tourismuspolitik, Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus, Österreich) präsentierte das österreichische RESY-Dashboard. Das regionale Informations- und Monitoringsystem umfasst 30 Indikatoren aus fünf Themenfeldern – von Demografie bis Energie und Umwelt. Die Daten stammen aus amtlichen bzw. vergleichbar soliden Quellen und werden unentgeltlich bereitgestellt. „Ziel des RESY-Dashboards ist es, eine transparente und einheitliche Informationsgrundlage zu schaffen, mithilfe derer Regionen ihre eigene Entwicklung evidenzbasiert beobachten, steuern und vergleichen können. Entwicklungsfortschritte können also verständlicher kommuniziert werden – erstmals mit einer gemeinsamen Sprache zwischen den Akteuren“, bekräftigte Dr. Unterweger.
Auch auf lokaler Ebene werden neue Ansätze entwickelt, wie sich strategische Ziele für ein maßvolles, qualitatives Tourismuswachstum besser messen lassen. Als Praxisbeispiel stellte Ralf Zednik (Leitung Marktforschung, München Tourismus) das neue Kennzahlensystem der Stadt München vor. Die Destinations-KPIs (Key Performance Indicators) orientieren sich an der Tourismusstrategie und berücksichtigen die Nachfrageentwicklung, die Perspektive der Bevölkerung und des Gastes. Entlang dieser Dimensionen werden acht Hauptindikatoren gemessen und deren Entwicklungstrend aufbereitet. Als wesentliche Herausforderung benannte Zednik die Finanzierung: „Nicht alle KPIs werden jährlich erhoben – beispielsweise die Wertschöpfung oder Tourismus- und Veranstaltungsakzeptanz –, um eine ausgewogene und vernünftige Finanzierung sicherzustellen.“
Ressourcen und Datenkompetenz als Schlüssel
Die anschließende Diskussion konzentrierte sich auf die aktuellen Herausforderungen bei der Entwicklung und Etablierung innovativer neuer datenbasierter Ansätze. „Die Customer Journey von Reisenden und die Nachfrageentwicklung verändern sich dynamisch, weshalb wir eine breite Evidenzbasis mit schnellen Trendbildern und kurzfristigen Erhebungen benötigen, die sowohl die Vergangenheit abbildet als auch Prognosen liefert“, hob Fabian Wolf (Senior Referent Marktforschung, Deutsche Zentrale für Tourismus e.V.) hervor. Die DZT setzt daher auf Dashboard-Lösungen mit Echtzeitdaten und qualitativen wie quantitativen Indikatoren.
Wolfgang Wagner (Prokurist & Bereichsleiter Strategische Entwicklung, BayTM) beleuchtete in seiner Aussage das Problem der Datengewinnung und -aufbereitung in Zeiten von KI: „Die KI bietet vermeintlich einfache Lösungen für die Datenaufbereitung und -analyse. Jedoch entsprechen diese häufig nicht unseren methodischen Ansprüchen. Hierfür muss das Bewusstsein und die Fähigkeit zur Dateninterpretation bei den Tourismusverantwortlichen gestärkt werden.“ Weiter berichtete er über den Aufbau eines bayerischen Tourismusmonitors, der künftig touristische Daten aus amtlichen Statistiken bündelt und in einem Dashboard bereitstellt.
Die Referierenden waren sich einig, dass die wesentlichen Herausforderungen in der Datenverfügbarkeit sowie den personellen und finanziellen Ressourcen liegen. Bei der Datenvergleichbarkeit gibt es deutliche Unterschiede zwischen Österreich und Deutschland: Während das RESY-Dashboard die Daten auf Gemeindeebene zur Verfügung stellt, ist das auf bayerischer Seite zukünftig nur auf Ebene der Landkreise bzw. für kreisfreie Städte möglich. Die Förderung der individuellen Datenkompetenz zur Aufbereitung und Interpretation der Datenquellen sowie die Entwicklung und Anwendung standardisierter Erhebungsmethoden wurden als Schlüsselfaktoren identifiziert.
Prof. Dr. Alfred Bauer verabschiedete die Teilnehmenden am Ende der Veranstaltung mit der folgenden Frage: „Kann ein neues, umfangreiches Kennzahlen-Set das bisher vorherrschende Erfolgsprinzip von ‚Höher, schneller, weiter‘ im Tourismus tatsächlich verändern und werden die Medien auch mit einer fundierten Berichterstattung zu den detaillierten Analyseergebnissen folgen?“
Die Zusammenfassung der Veranstaltung ist hier abrufbar: bzt.bayern/erfolgskennzahlen-tourismus
Ansprechpartner:
Bayerisches Zentrum für Tourismus e.V. (BZT)
Prof. Dr. Alfred Bauer
info@bzt.bayern
Über Bayerisches Zentrum für Tourismus
Das Bayerische Zentrum für Tourismus (BZT) ist ein vom Staatsministerium geförderter Thinktank, der durch Forschungsprojekte, Wissenstransfer und lösungsorientierten Diskurs den bayerischen Tourismus unterstützt und dessen Leistungsfähigkeit langfristig optimiert.
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