Alpine Ruheoasen – Orte der Stille und des Staunens

Alpine Kraftorte – Versteckte Seen, steinerne Tempel, Felsformationen wie aus einer anderen Welt. 6 Orte für echte Erlebnisse abseits der bekannten...

Alpine Ruheoasen – Orte der Stille und des Staunens

Versteckte Seen, steinerne Tempel, Felsformationen wie aus einer anderen Welt: Wer sich auf den Weg macht, wird mit Momenten belohnt, die sich nicht inszenieren lassen – nur erleben.

Manche Orte lassen sich nicht einfach mit einem Klick erleben. Sie haben kein Drehkreuz, keinen Selfie-Spot, keine Inszenierung. Stattdessen liegen sie abseits – am Ende eines Wegs, hinter einer Kurve, jenseits der Hauptwege. Wer sie erreichen will, muss sich auf den Weg machen. Und wird belohnt: mit echtem Staunen, mit Stille, mit einem Moment, der bleibt. Es geht nicht um höher, schneller, weiter, sondern um das bewusste Gehen, das Entdecken. Um das kleine Große: ein steinerner Tempel über einem Bergsee, eine mystische Klamm, eine Hängematte mit Blick in die Tiefe der Rheinschlucht.
Diese sechs Orte sind Fundstücke alpiner Langsamkeit. Sie laden ein, tief durchzuatmen, den Alltag zu vergessen und in der ungestörten Stille der Berge zu sich selbst zu finden.

#1 Zell am See-Kaprun: Der Klammsee

Vom Klang der Klamm zur Stille am See. Es beginnt mit einem Tosen. Über Jahrtausende hat sich die Kapruner Ache ihren Weg durch Fels und Stein gefräst – mehr als 30 Meter tief, 320 Meter lang. Von den Gletschern hoch über dem Tal stürzt das Wasser tosend in die Schlucht und erfüllt die Luft mit feinem Sprühnebel. Holzstege schmiegen sich an die Felswände und führen durch eine enge Welt aus Gischt, Stein und Lichtreflexen. Und dann: Stille. Am Ende öffnet sich die Sigmund-Thun-Klamm – und gibt den Blick auf den Klammsee frei: türkisgrün, klar, umgeben von viel Wald. Ein schmaler Weg führt rund um das Ufer, mit Blicken aufs Wasser, auf das Gletschereis, auf den Tag. Der See ist klein, aber eindrucksvoll – ruhig, fast unbewegt, ein Kontrast zur kraftvollen Klamm.

Info: Die Tour zum Klammsee ist knapp vier Kilometer lang, leicht begehbar und beginnt beim Klammparkplatz in Kaprun. Eine kurze Wanderung, die zum Verweilen einlädt.

Nach dem tosenden Weg durch die Sigmund-Thun-Klamm öffnet sich die Landschaft – und der Klammsee liegt still und klar inmitten von Wald und Bergen. © Zell am See-Kaprun Tourismus

#2 Laax: Rheinschlucht

Vom Design in die Tiefe der Zeit. Klare Linien, Holz, Beton – das rocksresort in LAAX wirkt wie ein Statement in Stein. Wer hier startet, wechselt schnell vom urbanen Design in wilde Dimensionen: Wie ein aufgeschlagenes Buch der Erdgeschichte liegt die Rheinschlucht vor einem. Bis zu 400 Meter tief hat sich der Vorderrhein in den Berg gegraben, eine Landschaft aus Felswänden, Wald und Wasser. Der Weg führt durch lichte Lärchenwälder, über Wurzeln und weichen Boden – begleitet vom Rauschen des Flusses. Oben, am Aussichtspunkt „Il Spir“, öffnet sich der Blick in alle Himmelsrichtungen. Wer eine Hängematte dabei hat, kann sie hier zwischen den Bäumen aufspannen – eine wunderbare Art, den Moment zu dehnen, den Blick zu halten. Jeder findet hier seinen eigenen Weg, die Tiefe zu spüren. 

Info: Die Wanderung dauert rund 1,5 Stunden, beginnt am rocksresort und endet dort, wo der Blick weit und die Gedanken leicht werden.

Zwischen Baumwipfeln und Abgrund: Wer seine Hängematte mitbringt, findet oberhalb der Rheinschlucht bei „Il Spir“ den perfekten Ort für eine Pause mit Tiefblick. Foto: Laax_Rheinschlucht/Danuser

#3 Flims: Die Strudeltöpfe Alp Mora

Kaltes Wasser, tiefe Becken, klare Gedanken. Hoch über Flims haben Wasser und Zeit ausdauernd den Fels bearbeitet. Auf der Alp Mora liegen 20 Strudeltöpfe – rund und glatt geschliffene Becken. Nach der Schneeschmelze füllt der Maliensbach die Mulden, die sich wie Perlen aneinanderreihen. Wo tief unten die Rheinschlucht liegt, hüpft hoch oben das Sonnenlicht zwischen hellen Steinplatten und alpiner Vegetation über die Wasseroberfläche. Fast so, als wolle es vormachen, was nur die Mutigsten wagen: einen Sprung ins eiskalte Becken. Manche steigen zögernd hinein, andere verharren regungslos mit den Füßen im Wasser. Doch die Erfrischung lohnt sich. 

Info: Der Weg beginnt im Weiler Fidaz und führt auf schmalen Pfaden in nur zwei Stunden bis zu den Strudeltöpfen – und doch scheint die Zeit dort oben stehen zu bleiben.

Natürliche Wannen aus Stein: Auf der Alp Mora hat das Wasser über Jahrhunderte glatt geschliffene Becken geformt – gefüllt mit türkisfarbenem Quellwasser. © Flims Laax Falera / Gian Ragettli

#4 Falera: Parc La Mutta

Die Sprache der Steine. Sie stehen da, als wären sie nie weg gewesen. Grau, rau, gegen Wind und Wetter aufgerichtet. Genauer gesagt liegt auf einem Hügel bei der kleinen Bündner Gemeinde Falera eine der ältesten Megalithanlagen der Schweiz: der Parc La Mutta. Über 30 Menhire und Schalensteine, wurden dort vor mehr als 3.500 Jahren errichtet, trotzen Zeit und Wind und erzählen von Epochen, an die sich niemand erinnern kann. Menschen haben sie nach dem Stand der Sonne und den Jahreszeiten ausgerichtet, Menschen, die an Himmelsläufe glaubten, lange bevor jemand das Wort Astronomie kannte. Zwischen ihnen führen sanfte Pfade über Wiesen, weidende Kühe ziehen ihre Bahnen, Vögel zwitschern in der Mittagssonne. Ansonsten ist es still. Wer zwischen den Steinen geht, bewegt sich durch die Jahrtausende. Und wer bleibt, spürt: Zeit ist nichts Geradliniges. 

Info: Der Parc La Mutta lässt sich auf eigene Faust erkunden – ein Lehrpfad führt zu den zehn wichtigsten Stationen der Anlage. Ein Faltblatt am Eingang gibt Orientierung und Hintergrund.

Zeitzeugen aus Stein: Über 30 Menhire und Schalensteine bilden oberhalb von Falera eine der bedeutendsten Megalithanlagen der Schweiz. © Flims Laax Falera / Gaudenz Danuser

#Innsbruck: Der Apollontempel am Hundstalsee

Ein Tempel aus Stein, ein Moment für sich. Der Weg ist steil, der Pfad schmal. Durch Felsen, über Wurzeln – immer höher. Am Ende ist er da: der Hundstalsee. Dunkelgrün, fast schwarz, umrahmt von Felsen – ein stiller Spiegel zwischen Himmel und Fels. Der See ist nicht nur für die Künstler Robert Tribus und Heinz Triendl ein Kraftort nahe Innsbruck. In zwanzig Jahren schufen die beiden hier einen Tempel zu Ehren des griechischen Gottes Apollon. Wo das Grau des Tempels in der umgebenden Steinwüste fast untergeht, ist seine Wirkung beim Näherkommen umso stärker. Kein Ort zum Ankommen, eher ein Ort zum Verweilen. 

Info: Die mittelschwere Tour beginnt Parkplatz der Inzinger Alm (1.641 m) in der Region Innsbruck und führt in etwa zwei Stunden zum Hundstalsee (2.287 m) hinauf.

Am Ufer des Bergsee thront ein begehbares Kunstwerk: Der Apollontempel besteht aus Trockenstein und dient als stiller Ort der Verbindung von Natur und Kunst. © Innsbruck Tourismus

#6 Seefeld: Der Isarursprung

Ein Erlebnis, das über den Moment hinausgeht. Der Ursprung eines Flusses, hoch oben im Karwendel. Die Isar beginnt ihre Reise im wilden Hinterautal bei Scharnitz in der Region Seefeld und sprudelt als rechtsdrehende Quelle aus den Tiefen des Berges. Übrigens eine echte Rarität und schon in der Antike schrieb man dem rechtsdrehenden Wasser besondere Heilkräfte zu. Ob zu Fuß oder mit dem E-Bike – der Weg zum Isarursprung führt durch unberührte Natur: Wälder, Almen, Felsen und das Rauschen des Wassers begleiten die Wanderung. Hier, wo der Fluss entspringt, spürt man den Puls der Berge. Ein Ort, der etwas Magisches ausstrahlt – ein Kraftort, an dem das Wasser genauso frisch und rein bleibt wie vor Jahrhunderten. 

Info: Die Wanderung zum Isarursprung ist etwa 11 Kilometer lang und führt durch eines der unberührtesten Naturgebiete Tirols – perfekt für einen erfrischenden Tagesausflug.

Der Ursprung der Isar: Ein klarer Moment inmitten des Karwendels – frisch, rein und voller Kraft. © Bene Höflinger

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